Die Krise als Chance

Datum: 2020-04-01 16:22
Tags: Grundeinkommen, Parteien, Einkommen, Virenkrise, Arbeit, Wirtschaft

Wer jetzt durch die Straßen geht, die teilweise menschenleer sind, sieht vermummte und gehetzt wirkende Menschen, die immer mal wieder nervös nach hinten schauen, ob jemand den Mindestabstand von 2 Meter nicht einhält. Gleichzeitig sind auf den Baustellen die Handwerker und Maurer wie eh und jeh am Schaffen und es ist kaum feststellbar an ihrem Tun, dass wir in anderen Zeiten leben.

Ebenso im Geschäft. Da stehen die Menschen überwiegend mit Mundschutz und großen Augen um sich blickend, so als ob der Tod irgendwo lauert und in 90 Zentimenter Entfernung lächeln die Verkäufer hinter der Ladentheke und auch bei ihnen ist nicht wirklich zu sehen, dass wir uns in allerhöchster Gefahr befinden.

Überhaupt macht die momentane Situation uns allen klar, was wir brauchen und was unwichtig ist im Leben oder zumindest weniger wichtig.

In allen Krisenzeiten gingen viele Leute weiter arbeiten, weil deren Arbeitsergebnisse von den anderen Menschen gebraucht werden. Selbst wenn Krieg herrscht und ein Teil der Bevölkerung mit dem Feind beschäftigt ist, müssen im Land immer welche die Nahrungsmittel herstellen und all die anderen Dinge, die die Kämpfer brauchen, um den nächsten Tag zu überstehen.

Und jetzt ist es genauso. Für viele Berufstätige ändert sich durch die Viruskrise gar nichts an ihrem Tagesablauf. Womöglich machen sie sogar Überstunden. All das, was jetzt unbedingt weiter produziert werden muss, dafür müssen die Leute arbeiten. Auch in der Krisenzeit und sie können nicht einfach sagen, es ist Krise und wir bleiben zu Hause.

Würden die Klopapierhersteller jetzt in der Krise zuhause bleiben, würden die Hamsterkäufe noch stärker zunehmen.

Das heißt, es stimmt nicht, dass alle Bürger in der Krise zu Hause bleiben können. Diejenigen, deren Arbeitsergebnis gebraucht wird, müssen weiterhin arbeiten. Aber genau diese Arbeit ist in der Gesellschaft eigentlich nicht sonderlich gut bezahlt oder geachtet, während der bedeutsame und kompetente und wahrscheinlich hochbezahlte Manager der Fluggesellschaft, jetzt zu Hause bleiben kann, weil niemand diese Arbeit braucht, um existieren zu können.

Die wirklich wichtige Arbeit heute, ist diejenige, die unsere Existenz sichert. – Diese Arbeit muss immer gemacht werden, egal ob gerade Krise ist oder nicht. Warum? Weil wir sonst nicht leben könnten oder unser Leben gefährdet ist. Nahrung, Kleidung, Wohnraum und Energie müssen fortlaufend zur Verfügung gestellt werden. Da geht kein Weg daran vorbei.

Und diese Güter sind es auch, die wir die „notwendige Produktion“ nennen. Und diese notwendige Produktion macht das Bedingungslose Grundeinkommen aus.

Jetzt in der Krise haben die Menschen plötzlich weniger Geld. Aber nicht alle. Wer beim Staat arbeitet oder im Öffentlichen Dienst oder von Sozialleistungen lebt, dem wird auch in der Krise weiter immer der gleiche Geldbetrag überwiesen. – Das ist eine feine Sache!

Andere Menschen in der Gesellschaft, sind von laufenden Zahlungen der Kunden abhängig. Wenn die Kunden nicht beständig Geld zahlen, für Güter und Dienstleistungen, dann haben diese Menschen Einkommenseinbußen. – Da aber ein großer Teil der Bevölkerung in der Viruskrise zu Hause bleiben soll, werden weniger Einkäufe getätigt und weniger Dienstleistungen in Anspruch genommen. Dadurch geraten Menschen in Not, weil sie Einkommen brauchen, damit sie sich selbst am Leben erhalten können.

Jetzt ist gut zu sehen, in welcher Weise Arbeit und Einkommen getrennt sind.

Der Staat als demokratische Institution, der angeblich die Interessen der Bevölkerung vertritt, schafft einen Rechtsrahmen. Wenn er Gehälter an seine Mitarbeiter auszahlt, legt er fest, wer sich von der Wertschöpfung in der Gesellschaft, etwas wegnehmen darf. Einkommen, die der Staat verteilt, sind Zugriffsrechte auf Wertschöpfung. - Wer Geld hat, darf sich etwas vom Wertschöpfungskuchen nehmen.

Aber der Staat produziert nichts. Das sind keine Personen, die das Brot herstellen, welches wir haben wollen. Das sind wieder andere.

Die Wirtschaft soll die Güter bereitstellen. Sie soll die Güter und Dienstleistungen schaffen, die wir haben wollen. Der Staat hingegen, kreiert einen Rechtsrahmen, der festlegt, wie und in welcher Weise wir uns von dieser Wertschöpfung nehmen können. - Das macht er durch das Steuersystem, welches er einsetzt, durch Gebühren und Beitragsforderungen, durch Subventionen, Beamtengehälter und Abgeordnetendiäten.

Zwar würde ein Bedingungsloses Grundeinkommen von den Bürgern auf den Weg gebracht und in der Mehrheit gefordert sein müssen, aber die politische Verwaltung würde den Rechtsrahmen setzen, wie es in die Praxis kommt und wirkt.

Im Grunde muss die demokratische Verwaltung in einem Gemeinwesen sich um alle Bewohner kümmern, in der Weise, das niemand vergessen wird und in Krisenzeiten weiterhin alle versorgt sind, mit der notwendigen Produktion.

Aber genau das wird in der heutigen Arbeitsgesellschaft nicht geleistet. Und die Politik ist als inkompetent zu bezeichnen, wie sie die Gesellschaft gestaltet.

Das ist sowieso interessant. Immer wieder trifft man Menschen, die ganz aufgeregt sich über die AfD unterhalten wollen. Was man von ihr hält, was man gegen sie unternehmen kann. - Dabei ist die erste Aufgabe von allen Bürgern, für gute Politik zu sorgen. Ist die nicht vorhanden, haben wir das allergrößte Problem und die Beschäftigung mit der AfD ist nur eine Ablenkung.

Wir müssen eine gute Politik im Land haben. - Ist die Politik schlecht, ist das der Nährboden für Rechtspopulismus und radikale Strömungen. Anthony Barnett schreibt in seinem Buch „The Lure of Greatness: England’s Brexit and America’s Trump“, dass die schlechte Politik des Establishments daran schuld ist, dass wir eine auseinanderfallende Gesellschaft haben und gefährliche Entwicklungen. Und dass Trump und Brexit ein Ergebnis darstellen, das die etablierten Parteien zu verantworten haben, die durch Sparmaßnahmen und katastrophale Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zerstören.

Es ist nicht möglich, die Regierung in Schutz zu nehmen, mit dem Argument, man würde durch eine Kritik der herrschenden Verhältnisse, den radikalen Kräften Vorschub leisten. Sicherlich muss der Rechtsstaat in jedem Moment die Oberhand haben und Schlimmeres verhindern. - Andererseits muss deutlich ausgesprochen werden, wo die Regierungsarbeit schlecht ist. Es sind in erster Linie die Zwänge, die die Regierenden den Bürgern auferlegen wollen.

Der Zwang, nicht erwünschte Dienste bezahlen zu müssen, wie den Rundfunkbeitrag (Zahlzwang). Und der Arbeitszwang für all jene Personen, deren Einkommen zu gering ist, um sich selbst zu erhalten. Diese Leute sollen über die Jobcenter zu einer Arbeit gedrängt werden, egal was. Der Staat will somit bestimmen, was die Bürger arbeiten und er will bestimmen, was die Bürger bezahlen sollen. In beiden Fällen geht das ihn überhaupt nichts an, weil es persönliche und private Entscheidungen sind. - Das alles ist Ausdruck von eklatanter verwalterischer und politischer Inkompetenz. - Solche Regierungen haben keine Achtung und Respekt verdient.

Andererseits ist es für die Bürgerinnen und Bürger nicht damit getan, festzustellen, dass die Parlamentarische Demokratie nicht funktioniert und nicht die Interessen der Menschen vertritt und erst recht nicht das Grundgesetz, die Grundrechte und Menschenrechte achtet. - Die Bevölkerung muss sich daran gewöhnen, dass sie selbst bei der Gestaltung der Gesellschaft mit beiträgt.

Das wird für uns Menschen immer selbstverständlicher werden. - So, wie wir ganz selbstverständlich ein Privatleben haben, einer Arbeit nachgehen und dann die Freizeit hatten, so werden wir uns in Zukunft daran gewöhnen, wie die Politiker, uns um unsere Lebenswelt zu kümmern. Also um die Dinge, die draußen auf der Straße passieren, im Park. Und das wir uns um Fragen der Grundversorgung, der Strombeschaffung, der Nahrungsmittelbereitstellung selbst kümmern, indem wir Interesse für diese Fragen und Aufgaben entwickeln, zum Beispiel dadurch, dass wir uns mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen beschäftigen.

Aus der gegenwärtigen Gesellschaftsgestaltung können wir lernen, dass es keine Sinn mehr macht, einigen wenigen gut bezahlten Leuten, den Politikern, die Verwaltung der Lebenswelt zu überlassen. Zu viel hantieren sie zum Nachteil der Menschen, zu viel geht bei ihrem Tun schief. Das kann man nicht durchgehen lassen.

Da die Politiker sowieso immer nur „im Auftrag“ der Bürgerinnen und Bürger arbeiten, in einer Demokratie, könnten wir langfristig unsere Beauftragung an sie zurückziehen oder stark einschränken. - Oder wir kontrollieren stärker selbst die Arbeit der Politiker.

Und wir Bürger haben noch die Aufgabe, zu lernen, wie wir uns effizient miteinander absprechen und koordinieren, damit wir mit „einer Stimme“ auftreten können, wenn es um wichtige Entscheidungen geht. - Denn sonst passiert es immer wieder, dass die Stimme der Bürger nicht gehört wird, und die Lobbygruppen wieder lauter plärren und sich durchsetzen und die Anliegen der Allgemeinheit sind vergessen.


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