Eine breite Debatte – BGE

Datum: 2020-05-20 17:38
Tags: Grundeinkommen, Bündnisse, Gespräch, Bewegung, Organisation, Institution, Gruppe

Manche wollen jetzt über das Bedingungslose Grundeinkommen reden. Nur zu. Wenn das Gespräch nicht schon seit vielen Jahren stattfinden würde.

Es steigen immer mehr Leute in die Diskussion mit ein und geben ihre Meinung bekannt.

Gibt es etwas Neues zu berichten?

Wirklich neu in der Diskussion, ist die geschichtliche Perspektive auf die Menschheit und den Menschen. Zivilisation schränkt die Freiheit des Einzelnen ein. Diese Einschränkung ist nicht natürlich, sondern meist mit Gewalt durch einen Teil der Bevölkerung gegen andere durchgesetzt. - Wer dem einzelnen Menschen die Möglichkeit raubt, sich selbst in der Natur zu versorgen und zu erhalten, muss ihm einen Ausgleich gewähren, der an keinen Zwang gebunden ist, zum Beispiel Arbeitszwang.

Denn nur so kann die Würde des Einzelnen erhalten bleiben.

Mit den vielen Perspektiven zum BGE, ist rein theoretisch eine breite Debatte in der Gesellschaft möglich.

Wer soll sie führen? In erster Linie die Bevölkerung. Denn sie wird ein Bedingungsloses Grundeinkommen tragen, indem sie die entsprechenden Güter produziert und allen bedingungslos zur Verfügung stellt, ob als Geld oder als Ware.

Und über die Viruskrise gelangen wir jetzt stärker in Überlegungen, ob nicht die Gesellschaft andere und neue Aufgaben haben muss, damit die Bürger sich mit ihr identifizieren können. – Dazu gehört wirtschaftliche und existenzielle Sicherheit, die nicht durch Arbeitszwang erpresst wird. Staatsverwaltungen dürfen nicht die Bürger mit Arbeit bedrohen und ihnen ansonsten die Mittel für die Existenzsicherung verweigern.

Welche Bedeutung Arbeit über die reine Tätigkeit und das Geldverdienen noch für die Menschen hat, mögen wir ja alle in allen Einzelheiten diskutieren wollen, aber letztlich entscheidet der Einzelne, wie er sein Leben gestaltet und die Behörden hat das nicht zu interessieren.

Es besteht die rein praktische Aufgabe, für die Gesellschaften, die Existenzsicherung für alle Bewohner zu bewerkstelligen. - Und das ist möglich, ohne die Würde und die Grundrechte der Menschen zu verletzen. Da es die Staatsverwalter in der Vergangenheit nicht geschafft haben, dies in die Praxis zu bringen, müssen es die Bürgerinnen und Bürger selbst erledigen.

Nahrung, Kleidung, Energie und genügend preiswerten Wohnraum dauerhaft zu produzieren, muss im ökologischen Sinne vonstatten gehen. - Es dürfen keine umweltschädigenden Verfahrensweisen in der Wirtschaft Anwendung finden. Das ist eine einfache Aufgabe. Und bereits an dieser scheitern viele Regierungen. Die Bürger wollen aber mehr Klimaschutz, Ökolandbau und Verzicht auf die alten Industrien, wenn diese für die Klimaschäden verantwortlich sind. Weiterhin benötigen wir ein modernes Geldsystem mit Vollgeld. Die Zentralbanken sollten ausschließlich grüne Investitionen fördern und die Geldschöpfung den Privatbanken entziehen. Das Steuersystem muss erneuert werden, wenn Steuerhinterziehung zu einfach ist. Boni-Ausschüttungen, wenn gleichzeitig die Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt und mit Steuergeld die Firmen in der Viruskrise gerettet werden, passen nicht mehr in die Gesellschaft. Überzogene Einkünfte bei den Spitzenverdienern und gleichzeitig haben die systemrelevanten Mitarbeiter zu wenig Geld, ist ebenfalls nicht in Ordnung. Reichtum, der sich ansammelt und gleichzeitig gibt es viel Armut in den Gesellschaften, das geht nicht an. Da sind ebenfalls Umstellungen vonnöten.

Das Bedingungslose Grundeinkommen ist die Idee einer direkt-demokratischen Gesellschaft. - Aber wenn wir diese noch nicht realisieren, in unserem Denken, in unserem Handeln, dann sind die Bedingungen noch nicht da, für ein bedingungsloses Grundeinkommen.

Denn ein geschenktes BGE, durch die Verwaltung wird es nicht sein, was wir meinen. Es muss aus den Herzen der Menschen gerungen und verstanden werden.

Es fehlt die breite Zustimmung der Organisationen und Institutionen.

Wenn deren Vertreter immer wieder von Handlungsbedarf sprechen, dann ist das lobenswert, aber sie sind doch offiziell gegen ein Bedingungsloses Grundeinkommen eingestellt. Das gilt für Arbeitnehmerverbände und Sozialverbände. Aber auch die Berufsverbände, die eigentlich im Interesse ihres Klientel ein BGE begrüßen könnten, äußern sich nicht dazu.

Die alten Strukturen wird man nicht überwinden, wenn wir deren Vertreter nicht mitnehmen und für den Systemwechsel begeistern können.

Wo ist dann die breite Debatte?

Die Gesellschaft gestalten wollen, ist noch nicht bei allen Menschen ein Bedürfnis. - Sie sind es gewohnt, dass andere dieses für sie tun. Die Parlamentarische Demokratie mag zwar sachlich nicht mehr existieren und wir haben eher Geschäftsführungen statt Volksvertreter, aber eine neue Haltung einnehmen, ist nicht so einfach für die Bürger, wenn es nicht geübt und bewusst geschieht, als neuer Bereich im eigenen Leben.

Und vielleicht sind die Menschen in der Welt, in unterschiedlichem Maße offen, für Ideen der Veränderung. Und wir erleben, dass in anderen Regionen der Erde zuerst der Gedanke eines BGE, eine Umsetzung erfährt.

Ein Stand der Diskussion ist erreicht. - Und er sieht so aus, als ob ein Teil der Bevölkerung zustimmend für ein Grundeinkommen eingestellt ist und andere, insbesondere die staatsnahen Kräfte und Organisationen, sich eher distanziert verhalten.

Dass sich an dieser Situation etwas ändert, zum Beispiel durch die Viruskrise, ist noch nicht ausgemacht. - Eine Änderung wäre, dass sich mehr Menschen in ihrer Staatsbürgerfunktion, an der Diskussion beteiligen. - Und sich öffentlich zu dem Thema äußern, mit ihrem Namen.

Dies mag aber schwierig und ungewohnt sein. Und wir waren in der Vergangenheit Mitglied in Institutionen, haben uns da eingebracht. So war der Lauf der Dinge.

Darüber hinaus zu geraten und sich jetzt öffentlich zu Themen äußern, ist noch nicht Alltag für uns?

Zum anderen ließen sich jetzt die bestehenden Grundeinkommen-Aktivitäten und vorhandenen Beiträge konsolidieren. - Was passt zusammen und was nicht?

Viele Beiträge sind institutionsbezogen und organisationsnahe Mitteilungen. – Die Organisationsnähe bietet Menschen Schutz. Wer sich öffentlich äußert, exponiert sich und kann in Bedrängnis geraten, durch gegenläufige Ansichten und Standpunkte. Der Öffentliche Raum ist ein umkämpftes Feld, weil in diesem Bereich Macht ausgeübt wird.

Wer anderen sagen kann, was sie zu tun haben, übt Macht aus. - Viele Menschen fühlen sich berufen, anderen sagen zu wollen, was sie zu tun haben. Deswegen ist in diesen Bereichen der öffentlichen Angelegenheiten, ein heftiges Gerangel um Vormachtstellung und Deutungshoheit.

Man will dem Andersdenkenden nicht erlauben, mit seinen Ansichten Einfluss zu nehmen.

Und in Diktaturen verstehen die Herrscher keinen Spaß, wenn die Bevölkerung es wagt, in der Öffentlichkeit sich zu den Staatsangelegenheiten zu äußern und eine andere Meinung zu vertreten.

So haben wir hier fasst noch paradiesische Zustände. – Wie lange noch?

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In einem Film läuft der Besucher über einen Markt. - Es wird Wasser angeboten. Viele Händler und Marktschreier rufen „Wasser. Hier gibt es Wasser!“ Und der Besucher hält seinen Geigerzähler an das Wasser und es ist verseucht.

Viele rufen Grundeinkommen und halten ihr Fähnchen in den Wind. Und hoffen auf Interessierte. Wer sich die Angebote anschaut und die Programme durchliest, kann von einem Angebot begeistert sein. Aber vielleicht ist es nicht das Richtige. Und man erfährt und erlebt es erst viel später, wenn man bereits Zeit und Energie in diese Angebote investiert hat.

So muss jeder Grundeinkommen-Interessierte selbst entscheiden und überlegen, welchen Grundeinkommen-Angeboten wende ich mich zu. Welche sind brauchbar und für die Ziele geeignet, die man selbst anstrebt. - Wer sich darüber kaum Gedanken gemacht hat, wird irgendwo sich anschließen, in der Hoffnung, dass es einem etwas bringt. Aber genau wissen tut man es nicht.

Deswegen ist es nicht verkehrt, sich selbst Vorgehensweisen zu überlegen, wie man sich mit dem BGE beschäftigen will und welche Verfahren effektiv sind, dasjenige zu erreichen, was einem möglich erscheint.

Dann ist der Einzelne nicht so abhängig von dem Angebot der Institutionen und Organisationen.

Zwar ist eine breite Diskussion erwünscht, aber sie kann eigentlich am ehesten unter Privatpersonen stattfinden. - Tatsächlich sind aber viele Akteure im Öffentlichen Raum mit irgendeinem formellen Hintergrund ausgestattet. Sei es, dass es sich um Organisationsvertreter handelt, Parteianhänger, Initiativenmitglieder oder Personen, die sich beruflich mit dem Thema befassen.

Wer will jetzt als Normalbürger mit Leuten ins Gespräch kommen, die sich mit diesem formellen Hintergrund präsentieren? - Im Grunde stellt das Formale des Auftritts ein Hindernis da.

Eine Bürgerbewegung für ein Bedingungsloses Grundeinkommen könnte nur aus Privatpersonen sich zusammensetzen, die sich in dieser Weise so zueinander positionieren. - Wer als Funktionär auftritt, verkörpert eher die alte Welt.

Viele kokettieren mehr mit ihrer Rolle, statt sich inhalt- und sachlich festzulegen. Das ist aber notwendig, um überhaupt attraktiv für andere Personen zu sein, die sich ebenfalls festlegen und urteilen, welcher Weg der angemessene ist. Begegnungen und Bündnisse, die über Rollenorientierungen stattfinden, sind nicht mehr zeitgemäß und nutzlos? - Statt sich festzulegen, wird taktiert.

So können eben auf dem Jahrmarkt der Mitteilungen zu einem BGE auch die Wundertüten dabei sein, die das genaue Gegenteil beabsichtigen, als es diese Idee anstrebt. - Und wer allzu blauäugig ist, kann diesen Aspekt übersehen.

Wer von BGE-Modellen spricht, sich aber selbst nicht festlegen will, welcher Weg präferiert wird, kann überwiegend damit beschäftigt sein, Grundeinkommen-Befürworter anzugreifen, die angeblich den falschen Weg gehen wollen. – Aber ist das nicht die Arbeit der Grundeinkommen-Gegner?

Wer über die Jahre die Grundeinkommens-Szene beobachtet, muss zu dem Ergebnis kommen, dass bis jetzt nicht wirklich viel mehr Menschen sich aktiv zu dem Thema eigenständig äußern und länger bei der Sache bleiben. – Oder täuscht der Eindruck?

Das Grundeinkommen muss ein Anliegen der Individuen werden, das sie selbst eigenständig in Angriff nehmen. - Wird hingegen versucht, solche Themen im alten Sinne zu behandeln, über die Gruppen, Institutionen und Organisationen, dann werden wir noch nicht die Bevölkerung haben, die die Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen wird?


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