Gemeinschaft und Grundeinkommen

Datum: 2019-12-08 09:30
Tags: Gemeinschaft, Wirtschaft, Kapitalismus, Arbeitszwang, Sozialismus, Grundeinkommen

Der Mensch ist immer dabei, sein Leben zu gestalten, aber ebenso das Leben der Gemeinschaften. Und er verfährt wohl nach dem Motto: Versuch und Irrtum.

Gelingen bestimmte Handlungsweisen, ist er zufrieden. Gibt es nicht akzeptable Nebeneffekte, ändert er sein Verhalten.

Wirtschaft wurde in letzter Zeit nach kapitalistischem Vorbild gestaltet. Der Mensch sei egoistisch und profitorientiert. Im Wettbewerb am Markt soll er mit seinen guten, aber preiswerten Produkten Erfolg haben. Wer weniger gute Produkte anbietet und zu hohe Preise hat, ist der Verlierer im Wettbewerb. - So die Theorie.

Das große andere Konzept ist der Sozialismus. – Alle arbeiten füreinander. Jeder bekommt die Produkte des anderen, als Gegenleistung für die eigene Arbeit. So sind alle versorgt. Auch das ist eher Theorie.

Die Schwächen beider Wirtschaftskonzepte sind längst bekannt.

Im Kapitalismus führt der technische und Verfahrensfortschritt zu Einsparungen bei den Arbeitsplätzen. Der Arbeitsplatz soll aber Grundlage für Einkommen sein. Als Folge dieser Fehlkonzeption, haben wir immer mehr Produkte (Überflussgesellschaft) und immer mehr Menschen ohne Einkommen (Arbeitslose).

In den kapitalistischen Ländern wurden diese Effekte in den letzten Jahren einfach ignoriert. - Die Schäden dieses Wirtschaftens, sind zunehmende Armut, Zunahme bei Depressionen und Selbstmorden, Drogensucht und insgesamt verringerte Lebenserwartung. Zynisch konterkariert wird dies, mit steigendem Bruttosozialprodukt. - Diese Entwicklung ist besonders deutlich in den USA zu verzeichnen, dem Paradebeispiel für Kapitalismus.

In anderen demokratischen Ländern im Westen, kommt schleichend der Staatssozialismus zum Vorschein. In dem Maße, wie die freie Wirtschaft nicht mehr in der Lage ist, die Leute mit Arbeitsplätzen zu versorgen, will der Staat einspringen. Erst mit Beschäftigungsgesellschaften, dann mit regulären Arbeitsplätzen. Stichwort: Solidarisches Grundeinkommen.

In beiden Systemen herrscht Arbeitspflicht. - Entweder durch bestehende Armut im Kapitalismus, die moralisch von den Regierenden gegen die Menschen gewendet wird: Was, du bist arm? Dann liegt es an dir. Du hast zu wenig gearbeitet oder dich nicht um Arbeit bemüht. - Also ist das die Konsequenz, die du selbst zu tragen hast.

In den quasi staatssozialistischen Ländern, zu denen viele in Europa zählen, wird der Staat von den Parteien in einer Art Geschäftsführung geleitet. Die Bürger zählen zum Inventar das Gemeinwesens. Die Politiker überlegen, wie sie dieses gemäß ihrer Interessen einsetzen wollen. In der Staatspropaganda ist der arbeitsame Mensch das Vorbild. Wer nicht arbeitet, ist scheinbar nicht richtig integriert, hat noch nicht genug Fortbildung und sollte stärker sein solidarisches Verhalten überprüfen.

Der Kapitalismus will ständiges Wachstum, was den Planeten zerstört. Allein aus diesem Grund ist der Kapitalismus zum Scheitern verurteilt und ein Auslaufmodell. - Der Sozialismus will die Menschen zur Arbeit zwingen, mit dem Argument, die Arbeitspflicht sei Solidarität.

Kann aber etwas, das von den einen Menschen den anderen zur Pflicht gemacht wird, moralisch gut sein?

So sind alle bestehenden und vergangenen Wirtschaftssysteme mit Nachteilen behaftet, in der Art, dass sie Verlierer produzieren, entweder beim Wettkampf am Markt oder indem die Menschenrechte und Grundrechte der Bürger missachtet werden, durch den Arbeitszwang.

Der Mensch wird in beiden Konzepten auf seltsame Weise eindimensional wahrgenommen. Im Kapitalismus sehen die Theoretiker den Menschen als Egoist und profitgierig. Wer einmal kurz darüber nachdenkt, wird schnell feststellen, dass diese Aussage viel zu pauschal formuliert ist. – Nicht jeder Mensch will sich an Profit orientieren oder egoistisch sein.

Im Sozialismus wird behauptet, der Mensch müsse solidarisch in Gemeinschaften arbeiten, damit Wirtschaft und Gemeinwesen funktionieren. Auch diese Aussage ist verkürzt und spiegelt nicht die Wirklichkeit. – Da wir heute in Europa in quasi staatssozialistischen Verhältnissen leben, ist gerade diese Sicht ein Hindernis, zu weiteren Entwicklungen, insbesondere in Richtung Bedingungsloses Grundeinkommen.

Der Mensch ist nicht aus dem Stand Mitglied in Gemeinschaften. – Wer jetzt denkt, allein die Geburt würde das Gegenteil beweisen, der irrt.

Der Mensch mag zwar in Gemeinschaften hinein geboren werden, aber was besagt das denn? – Diese Gemeinschaften können die Hölle für ihn sein, und er muss sein ganzes Leben daran arbeiten, die Schäden, die durch die Gemeinschaften in seiner Persönlichkeit entstanden sind, wieder auszubügeln.

Der Irrtum besteht darin, anzunehmen, Gemeinschaft sei grundsätzlich gut. - Aber das ist sie nicht.

Wenn wir in den letzten Hundert Jahren, aber insbesondere in den letzten 50 Jahren, in intensiver Weise unsere Lebensverhältnisse in Frage stellten, dann doch deshalb, weil diese uns in unserer Individualität behinderten, störten und schädigten. - Zweierbeziehungen, Familie, Organisationen und den Staat haben wir in den vergangenen Jahrzehnten mit allergrößter Heftigkeit kritisiert und die Bücher, Zeitschriften und Medien dieser Zeit sind voll von Belegen darüber.

Das heißt, wir Menschen haben darauf aufmerksam gemacht, dass die überkommenen Lebensformen und Beziehungskonzepte uns als Individuen eher schaden, als sie uns nützen.

Wenn das aber so ist, dann kann man heute nicht einfach behaupten, Gemeinschaft sei gut und ein solidarisches Verhalten als Arbeitnehmer würde bedeuten, den staatlich verordneten Arbeitszwang zu akzeptieren, weil eben Gemeinschaft an das Ehrgefühl der Menschen und ihr Pflichtbewusstsein appelliert, sich zu fügen.

Gemeinschaft ist eben nicht von vornherein gut. Wer Gemeinschaft inszeniert und proklamiert, muss beweisen, das Gemeinschaft einen Vorteil und Nutzen für den Einzelnen hat.

Wer jetzt meint, das sei doch klar, dass Gemeinschaft dem Leben als Einzelmenschen überlegen ist, der orientiert sich nicht an der Wirklichkeit, sondern an einem Ideal von Gemeinschaft. - Dieses Ideal von Gemeinschaft haben sicherlich die meisten Menschen vor Augen. - Aber dieses Ideal ist noch nicht verwirklicht.

Maßstab für unser tagtägliches Verhalten, muss die reale Erscheinung von Gemeinschaft sein. Wenn wir Familie kritisieren, kritisieren wir die reale Familie. Wenn wir die Zweierbeziehung kritisieren, kritisieren wir die reale Zweierbeziehung. Und so weiter.

Darüber hinaus sind bestimmt viele Menschen von idealen Vorstellungen von Gemeinschaft ergriffen. Und sie wünschen sich, dass diese idealen Gemeinschaften wahr werden können.

Wenn wir aber heute konstatieren, dass es keine Gemeinschaft wert ist, sie zu unterstützen, dann ist das die Wahrheit.

Der heutige Staatssozialismus in der Demokratie und seine Verwaltung, können nicht einfach die einzelnen Menschen für sich in Anspruch nehmen, weil sie vorgeben, eine Gemeinschaft zu repräsentieren. - Das ist nichts wert. Das mag zwar historisch gewachsen sein, aber der einzelne Mensch kann seine Situation in diesen Gesellschaften ganz anders einschätzen.

Gemeinschaft ist zwingend angewiesen, auf den Einzelmenschen. - Nicht die Gemeinschaft kommt zuerst und dann der Einzelmensch, sondern umgekehrt, zuerst ist der Einzelmensch und dann kann sich eventuell Gemeinschaft bilden und sie hält sich solange, solange sie von diesen Einzelmenschen getragen und verantwortet wird.

Das führt zu der Frage der Staatsverwaltung. – Diese kann ausschließlich aus Personen dieser Gemeinschaften gebildet sein. Wenn wir heute Staat und Bevölkerung als Gegensatz empfinden, dann deshalb, weil die Verwaltung nicht mehr unsere Verwaltung ist, sondern als etwas Fremdes, Gegnerisches erlebt wird, das nichts mit unserem Leben zu tun hat.

Gemeinschaft darf eigentlich nur von den Mitgliedern der Gemeinschaften verwaltet werden. Also von vertrauten Personen, die die Anliegen seriös und sachlich im Sinne aller Mitglieder von Gemeinschaft regeln.

Aber wir wissen, dass diese Gemeinschaften nicht immer oder sogar meistens nicht funktionieren. Wenn wir das aber wissen, was ist die Konsequenz?

Die Kritik der Gemeinschaft hat in den letzten Jahrzehnten zu einer Vereinzelung, zu einer Versingelung der Menschen geführt. Immer mehr Menschen leben und lebten alleine. Sie können Gründe nennen, warum das der Fall ist. Gemeinschaft hat sich in der Vergangenheit als defizitär und unzureichend erwiesen. - Gemeinschaft schadet mehr dem Einzelnen, als sie nutzt.

Deshalb kann man nicht einfach naiv behaupten, Teilnahme an Gemeinschaft sei richtig und zwingend notwendig, zum Beispiel in der Wirtschaft. Und dann damit den Arbeitszwang rechtfertigen.

Gemeinschaft hat keinen Respekt verdient, wenn sie dem Einzelnen schadet.

So mag der Einzelne zwar in eine Familie hineingeboren werden, aber diese Gemeinschaft kann ihm die Hölle sein. – Wie kann dann diese Gemeinschaft per se Respekt verdienen?

Deshalb müssen wir anders verfahren. – Das erste Recht zu existieren, hat der einzelne Mensch. Danach kann sich Gemeinschaft bilden, wenn sie von den Teilnehmern bejaht und mit Leben erfüllt wird.

Gemeinschaft muss sich bewähren. – Erst dann hat sie es verdient, respektiert und anerkannt zu werden.

Die Hauptaufgabe von Gemeinschaft ist es, den Einzelmenschen zu fördern, zu erhalten, ihn bei seiner Entwicklung zu unterstützen. - Empfindet der Einzelne, dass die Gemeinschaft dies in angemessener Weise macht, wird er von sich aus diesen Gemeinschaften in gutwilliger Haltung gegenübertreten.

Deshalb müssen wir heute die Frage stellen, was es auf sich hat, mit den Gemeinschaften. - Wenn sie uns schaden, uns schlecht behandeln, uns bedrohen, unsere Grundrechte verletzen, uns zur Arbeit zwingen, dann haben sie zurecht unseren Widerstand und unsere Ablehnung verdient.

Nur Gemeinschaften, die im Sinne aller Menschen und ihrer Entwicklung funktionieren, sollen Unterstützung erfahren. - Allen anderen gebührt die Abwehr und Kritik.

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