Grundeinkommen verrechnen

Datum: 2020-05-27 16:17
Tags: Grundeinkommen, Zivilisation, Existenzsicherung, Arbeit, Lohn, Hartz4, Finanzierung

Es gibt Grundeinkommen-Befürworter, die von zusätzlichem Geld sprechen, wenn sie ein Grundeinkommen bewerben. - Diese Überlegung scheint zumindest fragwürdig.

Zwar meinen auch die angelsächsischen Grundeinkommen-Befürworter zusätzliches Geld, wenn sie von Universal oder Unconditional Basic Income sprechen. Aber da scheinen andere Vorstellungen von Geld im Spiel zu sein.

Das kommt einem vor, als ob Geld mehr wie Spielgeld behandelt wird. Nach dem Motto, mal schauen, wer bereit ist, mein Geld zu akzeptieren. Wird das Geld nicht akzeptiert, kann man für dieses Geld nichts oder zu wenig kaufen. – Das nennt sich dann Inflation.

Wer ein zusätzliches Einkommen meint, wenn vom Bedingungslosen Grundeinkommen gesprochen wird, hat oft mit dem Inflationseinwand zu tun, den Grundeinkommen-Gegner vorbringen.

Ein interessanter Hinweis gegen diesen Inflationsvorwurf ist bei den Aktivisten für ein Weltgrundeinkommen zu finden. - Sie schreiben auf ihrer Webseite, dass möglicherweise solange keine Inflation eintreten würde, solange der Markt und die Produzenten die Nachfrage bedienen können. Erst in dem Moment, wenn sie das nicht mehr können, würden sich die Arbeitsergebnisse verteuern.

Dass ein Bedingungsloses Grundeinkommen aber mit bestehenden Einkommen verrechnet wird, scheint für denjenigen erst einmal ein Schock zu sein, der mit der Vorstellung dem Grundeinkommen begegnet ist, es sei ein zusätzliches Einkommen und wenn man dann erfährt, dass es verrechnet werden soll, kann jemand im ersten Moment enttäuscht sein, über diese Aussage und Erkenntnis.

Wer aber länger darüber nachdenkt, wird entdecken, dass das gar nicht so schlimm ist. Es erscheint vielmehr sogar notwendig, damit diese Idee überhaupt funktioniert und umsetzbar ist.

Wenn das Geld kein Spielgeld ist und jeder kann es beliebig vermehren, zum Beispiel Privatbanken, und wenn das Geld stattdessen einen realen Grund hat, nämlich die Menge der Wertschöpfung zahlenmäßig abzubilden, dann kommt man der Sache schon näher, warum und wie eine Verrechnung funktionieren könnte.

Philip Kovce wird in einem Beitrag zitiert, ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) sei ein grundsätzlicher Geldbetrag und kein zusätzlicher.

Wie lässt sich das aber denken?

Die Idee dabei ist, dass Geld die Wertschöpfung abbildet. - Wenn in den Regalen der Geschäfte die Güter vorhanden sind, die die Menschen brauchen, müssen wir uns auch das Geld als bereits vorhanden vorstellen.

An den Gütern in den Regalen der Geschäfte klebt aber die Bedingung, dass jemand für die Güter bezahlen soll, der sie haben will.

Im gesamten wirtschaftlichen Prozess, muss für das BGE auf jeder Entwicklungsstufe der Produktion, eine Art von Verzicht oder Großzügigkeit entstehen, für die Bereitstellung des Bedingungslosen Grundeinkommens.

Der Bauer gibt einen Teil seiner Arbeitsleistung an die Gemeinschaft, zur Umverteilung als Bedingungsloses Grundeinkommen. Der Müller tut das auch. Und der Bäcker. Der Händler und die Logistiker tun dasselbe. Und auch der Verbraucher, wenn er die Konsumsteuer bezahlt. (Konsumsteuer statt Einkommenssteuer)

Einen Teil der Arbeitsleistung abtreten bedeutet, dass ein Teil des Gewinns, Lohns, Erwerbseinkommens in einen großen Topf der Gemeinschaft fließt und von da aus wieder zurück zu allen Bürgern.

Warum jetzt aber dieser Weg. Warum können wir es nicht so lassen, wie bisher und jeder hat sein Einkommen durch Arbeit?

Dass dieser Weg heute nicht mehr funktioniert, ist bereits in den letzten Jahren diskutiert worden und zeigt sich aktuell in der Viruskrise. Die Einkommensverteilung bloß über Arbeit ist zutiefst ungerecht und menschenunwürdig. - Das sehen wir am Hartz4-System. Das sehen wir an der Armut in der Welt.

Auch, dass Bildung der Schlüssel für gerechte Einkommen sei, hilft nicht wirklich. Die Menschen brauchen ihre Grundversorgung immer, unabhängig von allen anderen Faktoren, die in ihr Leben hineinspielen.

Weiterhin muss berücksichtigt werden, alles an Arbeit, was in der Arbeitsgesellschaft gar nicht erfasst wird, weil es nicht aus Vertragsverhältnissen heraus passiert.

Verteilung unbezahlte Arbeit

Und es ist der Umstand anzuschauen, dass durch Automatisierung, Rationalisierung und Digitalisierung zwar weiterhin Gewinne erzielt werden, aber mit immer weniger Mitarbeitern, denen bisher Lohn gezahlt wurde. Diese Gewinne stehen dann einzig dem Unternehmer zur Verfügung und seinen wenigen Mitarbeitern. - Die produzierten Güter werden aber von den Bürgern gebraucht, die jedoch kein Geld haben.

Die heutige Arbeitsgesellschaft ist so angelegt, dass sie Ungerechtigkeit produziert. Diese wollen die Hartz4-Befürworter und Regierungsanhänger durch Vollbeschäftigung beseitigen. - Eine aberwitzige Vorstellung?

Sollen dann die Mütter ihre Hausarbeit per Arbeitsvertrag bezahlt bekommen? Wer ist dann der Arbeitgeber? Und wer sorgt für die Einhaltung der Arbeitsvorgaben? - Das wären dann komplett absurde Lebensvorstellungen.

Anders beim Grundeinkommen.

Das BGE würde bei jedem Schritt der Wertschöpfung in der Gesellschaft, einen Teil der Wertschöpfung einsammeln, für das Grundeinkommen. Und dann wieder an alle verteilen. Der Grund, warum das besser ist, wurde gerade erwähnt. Es sollen Ungerechtigkeiten ausgebügelt und ausgebessert werden. - Sodass niemand letzten Endes sich in unwürdigen Lebensverhältnissen befindet.

Die Gesellschaft wird quasi von der Ungerechtigkeit rein gewaschen, in einer Geldwaschmaschine, Grundeinkommen-Waschmaschine. - Indem sie die ungerechte Verteilung des Geldes, gerechter gestaltet.

Nun sagen linke Kritiker des BGE, das sei doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. - Den Kapitalismus könne man mit dem BGE nicht beenden. Darum geht es beim Grundeinkommen auch nicht. Das Grundeinkommen soll erstmal dafür sorgen, dass die Menschen bedingungslos eine Existenzsicherung haben. Dann als nächsten Schritt, sind vielerlei andere Aktivitäten möglich, wenn wir die Zeit dazu haben und uns sicher genug in den Gesellschaften fühlen, um weitere notwendige Gestaltungsarbeit in der Gesellschaft vorzunehmen.

Etwas Wichtigeres, als das BGE weltweit einzuführen, gibt es momentan nicht.

Das BGE verrechnen bedeutet, dass ein Teil der eigenen Arbeit Teil des BGE wird. – Ich schenke etwas der Gemeinschaft, das wieder an alle, also auch zu mir selbst, zurückkommt.

Diesen Teil der eigenen Arbeit, den ich der BGE-Entstehung schenke, ist die Verrechnung des BGE mit meinen weiteren Einkommen.

Wer bisher 2000 Euro netto verdient hat, würde nach Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens in Höhe von 1000 Euro, 1000 Euro Erwerbseinkommen haben.

Da wir aber freie Menschen sind, können wir auch versuchen mit dem Arbeitgeber etwas anderes zu vereinbaren.

Allerdings sind nicht selten diejenigen, die ein zusätzliches Grundeinkommen wollen, auch diejenigen, die einen Mindestlohn wollen, in einer Grundeinkommensgesellschaft. Das macht aber keinen Sinn. Das würde auch dem Gedanken des BGE widersprechen.

Denn der Mindestlohn besteht heute mit der Absicht, ein Einkommen durch Arbeit zu gewähren, das existenzsichernd ist. Diese Absicht würde mit einem BGE hinfällig, weil das BGE die Existenzsicherung übernimmt. - Dann aber können alle weiteren Arbeitseinkommen frei verhandelt werden und bedürfen keiner Mindesthöhe mehr.

Auch würde der Mindestlohn die Verrechnungsabsicht konterkarieren, wenn eine Reduzierung des Erwerbseinkommens wegen des Mindestlohns dann nicht möglich wäre.

Mit anderen Worten, in einer Grundeinkommensgesellschaft, in der das Grundeinkommen mit bestehenden Einkommen verrechnet wird, kann es keinen Mindestlohn geben.

Was bedeutet jetzt die Verrechnung?

Wer 2000 Euro Lohn bekam, hatte ein bedingtes Erwerbseinkommen. – Werden jetzt 1000 Euro BGE bezahlt, dann sind diese bedingungslos durch die Gemeinschaft bereitgestellt. Sie werden aber als Arbeitsleistung gebraucht. Deswegen schenkt der Arbeitnehmer diese 1000 Euro der Gemeinschaft und erhält sie von ihr wieder zurück.

Wenn das nun bei allen Menschen immer eins zu eins aufginge, dann bräuchten wir tatsächlich kein Bedingungsloses Grundeinkommen. Aber das lässt sich ja weiterdenken.

Wer zum Beispiel weniger als 1000 Euro monatliches Erwerbseinkommen heute hat, würde durch ein BGE profitieren. Diese Person könnte in Zukunft komplett darauf verzichten, für den Arbeitgeber zu arbeiten.

Jetzt aber, kommt die Freiheit ins Spiel. Vielleicht ist diese Arbeit wichtig. Für denjenigen, der sie ausübt oder für andere Menschen. Dann kann derjenige, der sie ausübt überlegen, mache ich die Arbeit weiterhin. Unter welchen Bedingungen. Unter den gleichen?

Wer 5000 Euro im Monat verdient und die 1000 Euro Grundeinkommen werden verrechnet, der hätte dann 4000 Euro Gehalt. Hinzu kommt die Möglichkeit, mit dem Arbeitgeber zu verhandeln.

Durch ein Bedingungsloses Grundeinkommen wird die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer enorm verbessert. Womöglich ist das ein Grund, warum die Gewerkschaften gegen ein BGE sind. - Weil man sie dann nicht mehr braucht?

Wie ist es bei den Selbstständigen?

Jetzt in der Viruskrise sehen wir, wie die Selbstständigen besonders stark unter Druck geraten, wenn sie keine Erwerbseinkommen generieren können.

In der Grundeinkommensgesellschaft hätten sie immer ein Basiseinkommen, das BGE. Wie wird das BGE aber bei ihnen verrechnet, wenn sie höhere Einkommen haben?

Wenn wir statt einer Einkommenssteuer von einer Konsumsteuer ausgehen, wird es durch ihren Konsum verrechnet. In der Regel haben Personen mit höheren Einkommen auch einen größeren Konsum und daraus würden die Steuern entstehen, die für ein Grundeinkommen verwendet werden.

Das BGE ist sowieso nur ein Baustein der Neugestaltung unserer Gesellschaften, um sie fit zu machen, für das 21. Jahrhundert.

Wer sich einmal anschaut, welche Überlegungen in anderen Ländern zur Finanzierung des BGE zustande kommen, kann sich da inspirieren lassen.

Warum müssen knappe Güter überwiegend zum Vorteil von Privatunternehmen Verwendung finden? - Wenn Frequenzen für den Mobilfunk versteigert werden, können Unternehmen diese meistbietend kaufen und dann über Jahre den Profit einstreichen. Wäre es nicht besser, diese Profite größtenteils für die Allgemeinheit zu verwenden. Zum Beispiel zur Finanzierung eines BGE?

Wenn Einzelunternehmen Milliardengewinne bewirken und diese an die Aktionäre ausschütten und Boni verteilen, dann hat die Allgemeinheit zu wenig davon. Geraten solche Unternehmen aber in Not, soll die Allgemeinheit, der Steuerzahler für die Verluste aufkommen, damit diese Firmen gerettet werden.

Hier sind weitere Stellschrauben zu finden, um Gesellschaften gerechter und nachhaltiger zu gestalten.

Das Grundeinkommen verrechnen heißt, einen Teil der Wertschöpfung für das BGE zu reservieren. Hat jemand gearbeitet und die gesamte Arbeit soll bezahlt werden, dann hängt an dieser Wertschöpfung eine Bedingung.

Wenn ich einen Teil der Wertschöpfung abgebe, wird dieser Teil nicht bezahlt. Weder dem Arbeitnehmer, noch dem Arbeitgeber oder Unternehmer. Dieser Teil der Wertschöpfung wird dann an alle Bewohner zurückgegeben. Und dann erhalten nicht nur diejenigen diesen Teil, die im Sinne der Arbeitsgesellschaft gearbeitet haben, sondern alle Menschen.

Dieser Umwegprozess bewirkt Gerechtigkeit. – Dann bekommt auch der Obdachlose die 1000 Euro bedingungslos. Und nicht erst, wenn er beim Amt auftaucht und vorspricht und sich den Regeln der Zivilisation unterwirft. Dann hat die Zivilisation erkannt, dass sie den Obdachlosen respektvoll behandeln sollte, auch wenn dieser nicht in der Lage ist, den Verhaltensregeln Folge zu leisten, die sich die Politiker und Behördenmitarbeiter heutzutage ausdenken, damit die Leute an ihr Existenzgeld kommen.

Und dann bekommen auch jene ihr Existenzgeld, die heute nicht per Arbeitsvertrag in einem Angestelltenverhältnis sich befinden und dennoch in den verschiedensten Bereichen, zum Beispiel im Privaten, wichtige Arbeit leisten.

Die Idee, dass die Wirtschaft für die Menschen da ist, lässt sich mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen realisieren. - Und der Mensch hat Vorrang vor der Wirtschaft. Während heute in der Arbeitsgesellschaft, der Bürger der Sklave der wirtschaftlichen Vorgänge ist. Und das darf nicht sein. Was dabei herauskommt, wenn der Bürger der Wirtschaft geopfert wird, das sehen wir bei Hartz4. – Diese Politik ist eine der schlimmsten und schlechtesten in der Geschichte der Parlamentarischen Demokratie. Und läutet praktisch auch ihr Ende ein. Sie ist gescheitert und überfällig.

Die Personen in der Parlamentarische Demokratie, bilden nicht mehr die Interessen der Bevölkerung ab. Deswegen werden die nächsten Schritte in mehr Direkte Demokratie führen müssen. - Aber Voraussetzung dafür, sind aktive Bürgerinnen und Bürger.

Deswegen muss sich jedes Individuum mit der Frage der eigenen Mitwirkung befassen. Was tue ich, damit meine Gedanken, Überlegungen mithelfen, die Gesellschaft menschenwürdiger zu gestalten. - Habe ich da meine Möglichkeiten eingebracht?


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