Politik und Bürgerschaft leben in völlig getrennten Welten

Datum: 2020-03-08 07:11
Tags: Politik, Demokratie, Arbeitszwang, Zahlzwang, Zusammenarbeit, Zusammenleben, Grundeinkommen

Diesen Eindruck kann man jedenfalls haben, wenn wir das Agieren der staatlichen Verwalter sehen und die Stille und Stimmung in weiten Teilen der Bevölkerung. Dass Staat und Bürger „abgestimmt“ miteinander umgehen, ist nicht zu sehen.

So ist es in erster Linie die Ideologie des Establishments, die sich in den Entscheidungen der Gesetzesmacher ausdrückt, und weniger sind es die Anliegen der Bevölkerung. Der Staat sieht sich meist „im Recht“, so und so zu handeln, und weniger sind das die Orientierungen, die für die Bürger relevant sind.

Überhaupt ist es doch eine reichlich abstruse Vorstellung, die Bürger „wollten“ auf ihr Recht zur Gesellschaftsgestaltung verzichten und „deshalb“ gäbe es eine Stellvertreterdemokratie. Die Parlamentarische Demokratie ist eine Wegnehmdemokratie. Man nimmt den Leuten die Möglichkeit weg, ihre Lebenswelt selbst zu gestalten. Die Parlamentarische Demokratie ist kein Vorteil für die Bürger, es werden ihnen Grundrechte weggenommen. Und dass dann andere in ihrem Namen die Gesellschaft gestalten, dafür sollen sie auch noch die übertrieben hohen Einkommen der Politiker bezahlen. – Das ganze System ist eine Verhöhnung der Bevölkerung.

Und man möge nicht glauben, dass die Gesellschaften damit besser fahren würden. Da vieles an Politik ohne Rücksprache mit den Bürgern stattfindet, wird die Gesellschaft nicht von allen mitgetragen, was letztlich zu einer Zersetzung des gesamten Zusammenhalts in der Bevölkerung beiträgt.

Auch die Politiker selbst, profitieren nicht wirklich von ihrer Situation. - Sie werden Objekt von Wut und Hass der nicht repräsentierten Bürger und sie sind zusehends überfordert, mit den weltpolitischen Aufgaben, die sie nicht in Gänze überblicken können. Und so sind immer mehr „Berater“ unterwegs, in wessen Namen und Interessen auch immer, die für viel Geld die kopflos handelnden Verantwortungsträger bei ihrer Arbeit unterstützen.

Sieht man sich das politische Personal insgesamt an, fällt das Alter auf. In vielen Ländern sind die Rentner jene, die in den Führungspositionen der Regierungen das Sagen haben. Was drängt sie dahin, wenn sie doch am See sitzen und sich mehr den geistigen Dingen zuwenden könnten? Arroganz und Überheblichkeit, es besser zu wissen als andere. Erfahrung im Umgang mit Macht und das ausspielen. Nicht loslassen wollen und anderen weiterhin die eigenen, überkommenen Vorstellungen von Gesellschaftsgestaltung aufdrängen.

So sind wichtige Veränderungen in den Gesellschaften blockiert, weil die Übersiebzigjährigen nicht locker lassen und in vielen Staaten weiter herrschen. - Zum Schaden der gesamten Bewohnerschaft?

Dieser permanente Eindruck, dass nicht mehr die Richtigen die Geschehnisse mit ihren Vorstellungen beeinflussen, während diejenigen, die rechtmäßig ihre Lebenswelt gestalten sollten, auf die Warteposition verwiesen sind, beeindruckt immer mehr Menschen.

Sicher gibt es den Weg, der seit Urzeiten immer wieder gegangen wurde, wenn die Verhältnisse unerträglich wurden. Es war der Krieg. Wenn wir in die Geschichte schauen, gibt es kaum Hinweise darauf, dass zentrale Veränderungen in der Menschheit durch Entscheidungen und Verhaltensänderungen der Bevölkerung bewirkt wurden. Vielmehr sind es oft Kriege gewesen, die mit Gewalt dazu führten, dass sich dramatische und tiefgreifende Veränderungen im Zusammenleben der Menschen ereigneten.

Aber sollen wir ein Interesse daran haben, dass es wieder Kriege gibt? Es gab deshalb Kriege, weil die Bevölkerung sonst nicht die Möglichkeit sah, zu Veränderungen zu gelangen. Aber wenn heute die Menschen darüber nachdenken, sollten sie sehen, es gibt durchaus Möglichkeiten ohne Kriege zu Veränderungen zu kommen.

Die Aufgabe besteht darin, sich selbst in einen Aktivierungsmodus zu bringen. – Viele Menschen sind lange Zeit passiv oder nur im vertrauen Umfeld aktiv. Bis ihnen der Kragen platzt und dann soll es gleich zu Kriegen kommen? Das ist heute nicht mehr der richtige Weg. Wenn wir aus Erfahrung wissen und sehen, wo Veränderungen nötig sind, dann können wir uns ins gesellschaftliche Geschehen mit einbringen. Damit dort die Veränderungen eintreten, die wir uns vorstellen. Ja, es kann sein, dass das nicht gleich gelingt. Deswegen ist es wichtig, selbst darüber nachzudenken, wie am ehesten die eigenen Anliegen erfolgreich zum Tragen kommen und welche Wege jeder dabei gehen will, weil es so am effizientesten ist.

Was ist von Institution, Organisationen, Parteien und so weiter zu halten? – Sie sind geschlossene Boxen. Darinnen passiert gar nichts. In ihnen wirken Funktionäre mit Einkommensinteressen und Drahtzieher im Hintergrund, sodass eine Teilnahme in solchen Einrichtungen verlorene Zeit ist. Wer sich für Veränderungen in den Gesellschaften einsetzen will, kann dies heute nur noch in Vernetzung und persönlicher Verbindung mit anderen Aktivisten tun. Und es zählt immer das konkrete Handeln, das jeder einbringt. - Wem man heute zustimmt, der kann morgen schon der Gegner sein, weil er sich „über Nacht“ neu orientierte und plötzlich das genaue Gegenteil von dem vertritt, was er gestern meinte.

Auch die Propaganda in der Grundeinkommens-Szene muss in dieser Hinsicht eingeschätzt werden. Wer das Thema „Grundeinkommen“ wie ein Banner vor sich herträgt, ist noch lange kein Grundeinkommen-Befürworter. – Es zählt alles, was Personen zum Thema BGE sagen und tun. Wer das Thema wie ein Banner vor sich herträgt, aber tatsächlich im Alltag andere Grundeinkommen-Befürworter angreift, ist in Wirklichkeit ein Grundeinkommen-Gegner. Wer Grundeinkommen sagt, aber gleich hinzufügt, in welcher Partei das Thema diskutiert wird, hat nicht das BGE im Sinn, sondern die Parteienherrschaft und ihr Fortbestehen. Wer sich gegen den Arbeitszwang in der Arbeitsgesellschaft ausspricht, aber gleichzeitig einen Zahlzwang für irgendwelche andere in der Gesellschaft gut findet, hat die Idee nicht erfasst und steckt mit dem eigenen Denken weiter in der Ideologie des Zwangs.

Wer in der Zwangswelt feststeckt, hat sich die Grundeinkommen-Idee nicht zu eigen gemacht. – Der Grundeinkommen-Impuls meint insgesamt, ein Leben in Freiheit. Wer aber damit beschäftigt ist, darüber nachzudenken, wen können wir zum Bezahlen zwingen, der wendet sich schon wieder von der Grundeinkommen-Idee ab. Und dabei ist es egal, ob wir Reiche, Männer, Väter, Nutzer von Unterkünften oder sonstige Gruppen zum Bezahlen zwingen wollen. Der ganze Ansatz, andere zu etwas zwingen zu wollen, führt nicht weiter und ist letztlich totalitär.

Weil es eben nicht eine Idee des Zusammenlebens ist, sondern ein Gegeneinanderleben, ein Missbrauchen-, Benutzen- und Ausbeutenwollen, der jeweiligen potenziellen oder vermeintlichen Feinde und Widersacher.

Deswegen sind alle BGE-Konzepte Kokolores, die eine Finanzierung des Grundeinkommen „durch Zwang“ auf andere vorsehen. – Wer allen Ernstes glaubt, eine dauerhafte Finanzierung des Grundeinkommen würde durch Zwang realistisch sein, hat die Grundlagen einer Grundeinkommensgesellschaft nicht erkannt.

Nirgendwo wird eine Gesellschaft funktionsfähig erhalten, indem offen ein Teil der Bevölkerung zu etwas gezwungen wird, was diese sonst nicht mittragen würden. Es sei denn, es sind Diktaturen. Deshalb gab es in den linken Gesellschaften immer den Arbeitszwang. Alle sollten verpflichtet und gezwungen sein, die Gesellschaft mitzutragen. – Das hat aber nichts mit Freiheit zu tun.

Arbeitszwang und Zahlzwang sind letztlich dasselbe. – Denn zahlen kann nur derjenige, den man vorher zum Arbeiten gezwungen hat, damit Geld auf dem Konto ist. So gehören Arbeitszwang und Zahlzwang zusammen. Interessant wird es dann, wenn diejenigen, die man zwingen will, das System durchschauen und es sabotieren. Wer keinen Job hatte und zu einem gezwungen wird und als Kontrolleur andere belästigen und zum Zahlen nötigen soll, damit sie auch ihr Geld hergeben, kann sich dem „System des Zwangs“ verweigern und nicht kassieren, obwohl er es müsste.

Auch ist es irreführend und Unfug, auf die Wichtigkeit von irgendwelcher Arbeit hinzuweisen, die immer nur subjektiv eingeschätzt werden kann, um dann lauthals zu fordern, andere (wer?) sollen diese Arbeit bezahlen. Wer eine künstliche Aufgeregtheit schafft, um auf „seine“ Themen hinzuweisen, die derjenige hervorhebt, ist nichts weiter als ein Lobbyist. - Und Lobbyisten haben wenig Interesse, sich auf die Anliegen der anderen einzulassen. Ihnen geht es darum, dass ihre Anliegen im Mittelpunkt stehen und befriedigt werden.

So aber, sieht keine Gesellschaft des Zusammenlebens und der Zusammenarbeit aus. – Eine Gesellschaft der Zusammenarbeit, wie sie Grundlage für ein Bedingungsloses Grundeinkommen sein muss, zwingt niemanden. Weder zum Bezahlen, noch zur Arbeit.

Es ist wie in der Ehe, in der Familie. – Wenn wir die Idee haben, den jeweils anderen zu einem Verhalten zwingen zu wollen, egal wie wir das anstellen, dann ist die ganze Verbindung zum Scheitern verurteilt und wertlos. Auch, dass solche „Beziehungen“ jahrelang bestehen bleiben, spricht nicht für sie, sondern ist eher ein Beleg dafür, wie schrecklich zuweilen unser Zusammenleben von uns Menschen gestaltet wird.

Kein Zusammenleben kann ernsthaft auf Zwang gegeneinander aufbauen. Es ist durch nichts zu rechtfertigen und letztlich ohne Qualität. – Dass solches Zusammenleben tatsächlich überall auf der Welt stattfindet, ist ein Unglück und Grundlage für Unzufriedenheit und dem Wunsch nach Veränderung.

Statt zu sagen, eine schlechte Beziehung ist besser als gar keine, können wir vom Verstand her erkennen, dass wir alle versorgt sein müssen, um zu existieren. - Wir können deshalb uns zusammenschließen und zusammenarbeiten, um die Versorgung aller im Sinne eines Bedingungslosen Grundeinkommens zu bewerkstelligen. Es ist eine praktische Entscheidung aus Einsicht. Danach, wenn es denn funktioniert und die Menschen in Freiheit diese Versorgung umsetzen, können wir wieder anfangen emotional zu suchen und uns wieder aufeinander zubewegen, ob denn noch andere Gründe als nur die praktischen, uns zusammenführen und verbinden.

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