Sinnvoll gestaltete Gesellschaft

Datum: 2019-11-03 10:57
Tags: Grundeinkommen, Yang, USA, BasicIncome

Unsere Maßstäbe für eine sinnvoll gestaltete Gesellschaft müssen sich ändern.

Was ist das Ziel von wirtschaftlicher Aktivität in einem Gemeinwesen? Andrew Yang der Grundeinkommen-Befürworter und amerikanische Präsidentschaftskandidat, weist in diesem Interview gleich zu Anfang darauf hin, dass wir ein neues Wertesystem für Arbeit, Wirtschaft und Gemeinwesenaufgaben schaffen müssen.

Nicht Profit und Reichtum als Einzelunternehmer sollen uns dazu anregen, wirtschaftlich tätig zu werden, sondern bessere Lebensqualität, höhere Lebenserwartung, gute Gesundheit, weniger Stress und seelisches Wohlbefinden für alle Bürger. - Aber auch Umweltbewusstsein und Klimaschutz gehören zu den Werten, die zu beachten sind.

Es ist somit eine Neuausrichtung der Gesellschaften notwendig, welchen Sinn sie überhaupt haben.

Warum leben wir in Gemeinschaften zusammen, wenn sie nicht für jeden Einzelnen von uns zum Nutzen sind?

Wer von Behörden bedroht wird, sich irgendeinen Job suchen zu müssen und sonst keine existenzsichernden Leistungen erhält, lebt in einem schlecht organisierten, mit schlechten Gesetzen gestalteten Lebenszusammenhang.

Gesellschaften sind wertlos, wenn sie nicht allen Personen menschenwürdige Verhältnisse ermöglichen.

Wenn wir heute Bettler sehen, Obdachlose und »Tafeln« von Politikern als normal betrachtet werden, dann stimmt etwas nicht mit unseren Gemeinwesen.

Das Erste was Gesellschaften somit leisten müssen, ist die Grundversorgung der Bevölkerung zu garantieren. - Dies ist die allererste Aufgabe von Gesellschaften.

Und dies muss geschehen, ohne die Würde und Grundrechte der Bürger zu verletzen.

Wer sagt, ja, ihr bekommt die Grundversorgung, aber ihr müsst dafür arbeiten gehen, der verletzt die Grundrechte der Bevölkerung und hat sich dadurch bereits als seriöser Gesellschaftsgestalter disqualifiziert. – Zu diesen unseriösen Gesellschaftsgestaltern gehört die Mehrheit der heutigen Politiker.

Das deutsche Parlament ist mittlerweile das zweitgrößte der Welt, direkt nach China. – Das sagt schon vieles über den Parteienstaat. Fast eine Milliarde Euro Steuergelder werden jährlich verplempert, für Parteien und Politiker.

Und wenn eine Gesellschaft schon das nicht schafft, fair und gerecht eine Grundversorgung für alle Menschen in grundrechtskonformer Weise zu organisieren, wie kann da auch nur irgendein Reichtum und Wohlstand von Einzelpersonen gerechtfertigt sein?

Andrew Yang hat mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen eine Antwort zu dieser Aufgabe.

Er will, dass die Wirtschaft für uns alle da ist, und ein Teil der Wirtschaftsleistung direkt allen einzelnen Menschen zufließt, in menschenwürdiger Weise. Dies ist das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE). Yang nennt es »Freiheitsdividende«.

Die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen, künstliche Intelligenz, Roboter, Digitalisierung und Computerisierung vernichten Arbeitsplätze und ein einfaches »Fortbilden« der Geldlosen zu Spezialisten und Programmierern ist gar nicht möglich und wird oft unreflektiert von Politikern als Lösung herausposaunt, ohne einmal darüber nachgedacht zu haben, ob all die Menschen, die heute ihren Arbeitsplatz verlieren einfach so, umgeschult werden können, in die Bereiche, die heute am Arbeitsmarkt nachgefragt werden.

Yang schwebt deshalb etwas anderes vor. Das Bedingungslose Grundeinkommen ist ja nicht nur die »bedingungslose« Gewährung der Existenzsicherung für die Bürger. Es ermöglicht den Menschen, mit diesem Geld selbst Einfluss zu nehmen, auf die wirtschaftliche Entwicklung und Gestaltung ihres direkten Lebensumfeldes.

Das Grundeinkommen wird ja nicht an der Börse investiert oder in irgendwelche Fonds gesteckt, sondern landet direkt im lokalen Umfeld als Nachfrage nach im Lebenszusammenhang benötigten Gütern und Dienstleistungen. - Dies hat einen »Trickle-Up-Effekt«.

Das heißt, dass in die Menschen investierte Bedingungslose Grundeinkommen, wirkt wiederum positiv und belebend auf die lokale Wirtschaft und schafft Arbeitsplätze und Erwerbseinkommen in Start-ups, kleinen Geschäften und bei Selbstständigen.

Aber es ermöglicht auch den Bürgern einen Ortswechsel, denn sie haben mit einem BGE ein monatliches Einkommen und können dort hinziehen, wo sie womöglich zusätzlich ein Erwerbseinkommen erzielen können. Und sie können es sich mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen erlauben, wieder zur Schule zu gehen, einen neuen Beruf zu lernen, denn sie haben unabhängig davon, ein sicheres Einkommen mit dem BGE.

Die Finanzierung des BGE sieht Yang gekoppelt an die erfolgreichen Unternehmen in den Gesellschaften und an jeden Rationalisierungserfolg, der in Unternehmen erzielt wird, auf Kosten von Arbeitsplätzen.

Der Profit und Rationalisierungsgewinn von Unternehmen und Organisationen, muss allen Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen. Das ist seine Idee. Yang sieht die Möglichkeit, mit Hilfe einer Konsumsteuer, er schlägt 10% vor, das Grundeinkommen zu finanzieren und den Mehrwert in den Unternehmen teilweise abzuschöpfen.

Das geht absolut in die richtige Richtung.

Letztlich brauchen wir aber nur für die Bereitstellung und gerechte Verteilung der existenzsichernden Güter zu sorgen. - Und wichtig dabei ist, Bereitstellung und Verteilung der Produktion zu trennen.

In der Ideologie der deutschen Arbeitsgesellschaft wird der Bezug der Güter von der Teilnahme an der Herstellung derselben abhängig gemacht. Das ist die Begründung für den Arbeitszwang, den wir heute mit Hartz4 haben. – Dies ist aber großes Unrecht, weil es gegen die Natur des Menschen verstößt und seine Würde verletzt. Das müssen wir in den Gesellschaften einsehen und akzeptieren. - Das ist der Grund, warum wir Arbeit und Einkommen trennen müssen.

Es ist spannend, zu sehen, wie in anderen Ländern der Grundeinkommen-Gedanke sich entwickelt und welche Umsetzung vorgeschlagen wird. – Letztlich muss ja jeder Finanzierungsvorschlag oder eine Erklärung der Funktionsweise des Bedingungslosen Grundeinkommens bei Wählern und Bürgern ankommen und sie überzeugen.

Ein wichtiger Punkt, den Andrew Yang ebenfalls anspricht, betrifft das Wahlverhalten der Bürger. Er sagt, Trump sei gewählt worden, weil die Menschen unzufrieden mit der etablierten Politik sind.

Dem ist sicherlich zuzustimmen.

Überall in der Welt, in Europa und in den USA sind viele Menschen mit den eigenen wirtschaftlichen Umständen unzufrieden und die etablierte Politik hat keine Lösungen parat. - Schlimmer noch, sie versucht den Menschen in Not selbst die Schuld für ihre Lage zuzuschieben und denunziert sie als »faul« und Ballast für die Gesellschaft. Dass auf diesem Hintergrund Ausländerfeindlichkeit und die Suche nach Sündenböcken für die eigene miese Situation um sich greift, ist kein Wunder. Dies wird von rechten, rückwärtsgewandten und nationalen Strömungen aufgegriffen und stellt heute eine Gefahr für die Demokratien dar.

Deshalb sollten wir nicht Ursache und Wirkung verwechseln. - Die Ursache für den Niedergang der Demokratien und der freiheitlich-demokratischen Grundordnungen in der Welt, sind die etablierten Parteien und das Establishment, durch ihre desaströse Gesellschaftsgestaltung. Und die Folge dieser Unfähigkeit, ist das teilweise rückwärtsgewandte Suchen nach Auswegen und das Wahlverhalten vieler Bürger.

Somit sind nicht nur die Rechtspopulisten eine Gefahr für die Demokratie, sondern auch die etablierte Politik. - Denn sie ist unfähig zu einer grundrechtskonformen Gesetzgebung und Gesellschaftsgestaltung. Und das wollen die Bürgerinnen und Bürger zurecht nicht hinnehmen.

Am Dienstag, den 05. November 2019 sehen wir dann, wie sich das Bundesverfassungsgericht in dieses Bild einreiht.


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