Studien und Modelle

Datum: 2020-06-15 15:43
Tags: Grundeinkommen, Modelle, Studien, Rechnungen, Konsumsteuer, Finanzierung

Es ist wichtig, die Ausgangslage anzuschauen. Welche Parameter sind zentral und sollten in der gesamten Betrachtung als roter Faden sichtbar sein.

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Das Bedingungslose Grundeinkommen muss von der Gesamtwertschöpfung ausgehend, abgeleitet werden. Es ist nicht anders, wie im Privathaushalt. Wenn wir überlegen, ob nächstes Jahr ein gemeinsamer Urlaub finanzierbar ist, müssen alle Einnahmen, was gleichbedeutend ist, mit allen produzierten Gütern und Dienstleistungen, zusammengefasst werden. Im Privathaushalt sind das dann die Einkommen aller Mitbewohner. Diese müssen addiert werden.

Ähnlich ist es in einem Gemeinwesen. - Wird alles zusammengerechnet, haben wir die Wertschöpfung. Und aus der Wertschöpfung ergibt sich das BGE. Wie sich aus den privaten Gesamteinnahmen, der mögliche gemeinsame Urlaub ergibt.

Ein Bild

Die Rechnung ist immer wieder gleich und ändert sich nicht. - Von einer Gesamtwertschöpfung ausgehend, werden alle in der Folge stattfindenden Ausgaben heruntergebrochen oder heruntergerechnet.

Viele Grundeinkommen-Gegner beziehen das BGE auf die Sozialausgaben des Staates. Aber das ist nicht richtig. Es ist genauso unangemessen, wie wenn wir den Familienurlaub planen würden und nur die Einnahmen von Max als Bezugspunkt verwenden. Aber Marie und Janu haben ebenfalls Einkommen und die lassen wir unberücksichtigt. - Diese Rechnung wäre nicht korrekt.

Den Staat müssen wir als Gemeinschaft aller, ansehen. Und dann zählen die Einnahmen aller Personen dazu. Und aus diesen Einnahmen werden dann Ausgaben getätigt: BGE, Urlaubsreise, Staatshaushalt, Sozialbudget, etc.

Deshalb geht es beim BGE auch nicht um den Staatshaushalt, der selbst nur ein Posten in der Wertschöpfung darstellt, sondern um die Gesamtwertschöpfung, die quasi wie in einer Pyramide die oberste Zahl darstellt und alle übrigen Zahlen sind bloße Ableitungen dieser obersten Zahl.

Die Freiheit der Modellbauer, sich etwas zu basteln, was ihren Vorstellungen entspricht, kann den Zuschauer zuweilen vor Rätsel stellen. Warum hat sich der Modellbauer das jetzt so ausgedacht und nicht anders?

Der verstorbene Benediktus Hardorp vertrat ebenfalls eine Konsumsteuer, als Finanzierungsquelle für das BGE, aber von einer Exportsteuer ist bei ihm nichts zu lesen?

Diese wirkt auch seltsam. Warum sollen die Produkte, die ins Ausland verkauft werden, durch eine Steuer wieder verteuert werden, wenn sie doch gerade erst durch die Konsumsteuer verbilligt wurden. - Das ist eigenartig.

Zumal die Idee der Konsumsteuer ist, dass die Leute in anderen Ländern eben nicht für unseren Infrastruktur und Sozialsysteme bezahlen. Denn sie haben kein Einflussrecht darauf.

Additiv und substitutiv

Wird das BGE verrechnet? Es wird einmal verrechnet, bei der Einführung. Und dann nicht mehr. Danach sind alle Einkommen, zusätzliche Einkommen zum BGE.

Wie viel Prozent ist die Konsumsteuer? 19% 100% 110, 120%?

Die Prozentzahlen stiften eher Verwirrung. Steuern und Abgaben gibt es bereits heute. Fasst man sie zusammen und stellt sie ins Verhältnis zur Wertschöpfung, dann erhält man die Staatsquote. Das ist der Anteil der Gesamtwerschöpfung, den sich die Gemeinschaft nimmt, um die Aufgaben für alle zu erledigen. Eine dieser Aufgaben, wäre dann das BGE. - Dieser Betrag ist in vielen Ländern, etwa die Hälfte der Wertschöpfung, also 50%.

An diesem Wert ändert sich auch nichts nach Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommen. Dies ist sehr wichtig festzustellen. Weil, gerade die Grundeinkommen-Gegner versuchen den Eindruck zu erwecken, es wäre anders und würde Steuererhöhungen für die Arbeitnehmer und Selbstständige bedeuten. – Dies ist nicht der Fall.

Wer erhält das Grundeinkommen?

Wenn das Grundeinkommen das Existenzminimum darstellt, kann es niemandem verwehrt werden. Auch nicht solchen, die keine Staatsbürger sind. - Das Existenzminimum brauchen alle Menschen jeden Tag.

Es wäre allerdings zu überlegen, ob nicht das BGE langfristig zusätzlich als Weltgrundeinkommen zu denken und zu konzipieren ist und dann trägt die Weltgemeinschaft die Existenzsicherung für die Personen, die sich gerade in anderen Ländern aufhalten und dort noch keine Staatsbürgerschaft erlangt haben oder nicht erlangen wollen.

Wenn das BGE sich ergibt, aus der Wertschöpfung und es im ersten Schritt, bei der Einführung verrechnet wird, dann haben die meisten Bürger mit ihrer Arbeit das BGE selbst finanziert.

Natürlich kann man jetzt noch in die Details gehen und sich anschauen, wer wichtige Arbeit macht (systemrelevant) und wer unwichtige Arbeit macht (im Sinne von David Graebers Bullshitjobs-Definition). Nur wer bislang kein Grundeinkommen sich selbst erarbeiten konnte und zu wenig Geld hat, müsste durch ein Umverteilungssystem dann genügend erhalten, um menschenwürdig existieren zu können.

Dabei ist immer zu bedenken, dass diese Rechnung kompliziert erscheint, wenn sie über die Geldschiene gedacht werden muss und viel einfacher zu verstehen und vielleicht sogar umzusetzen ist, wenn über die Güterschiene das BGE vorgestellt wird.

Denn es ist direkt einleuchtend, dass alle Bürger eine Mindestmenge an Strom und Heizung brauchen. Und man gibt ihnen diese. - Dasselbe gilt für die anderen elementaren Güter Nahrung, Kleidung, Wohnraum.

Aber sicherlich lässt sich das Ganze auch rechnen. Nur sollten wir darauf achten, dass niemand auf die Idee kommt zu sagen, seht, ich habe gerechnet, es funktioniert nicht. Und dann lassen wir uns von dieser Aussage abspeisen und blenden. - Dabei ist der Beweis, dass sich das BGE rechnen lassen muss, die Tatsache, dass sich das BGE praktisch umsetzen lässt, nämlich mittels der Vergabe der Güter.

Grundsätzlich ist es nicht schlecht, sich auf eine Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommen einzustellen und davon auszugehen, dass mit einem kleinen Hunderter Betrag begonnen wird. 200 Euro, 300€, .. Und der Betrag sich jährlich um 100 Euro erhöht. Das wäre eine gute Ausgangsbasis.

Verändern sich die Preise nach Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommen?

Wenn wir im Sinne von David Graebers Bullshitjob-Buch davon ausgehen, dass ein Großteil der heute bestehenden Arbeitsplätze wertlos, schädlich, kontraproduktiv und sinnlos sind, während systemrelevante Arbeit bislang nicht entlohnt oder schlecht bezahlt wurde, dann kann es durchaus zu drastischen Verschiebungen in der Wahrnehmung und Wertschätzung von Arbeit kommen, nach Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommen.

Verändert sich der Importanteil nach Einführung des BGE?

Wenn einzig eine Konsumsteuer in Anwendung käme, könnte der Importanteil sinken, was auch dem ökologischen Fußabdruck zugute kommt. Warum Grundversorgungsgüter durch die ganze Welt karren, wenn sie überall vor Ort umweltschonend für die eigenen Bevölkerung produzierbar sind?

Vieles, was heute als Billigproduktion aus anderen Ländern hierher gelangt und womöglich durch Ausbeutung entstand, könnte dann wieder vor Ort hergestellt werden. Weil durch die Wirkung der Konsumsteuer die Globalisierung der Produktion unrentabel wird und an Bedeutung verliert. - Heute verlagert man die Produktion ins Ausland, weil dort billiger produziert wird. Dieses Argument würde in einer Konsumsteuergesellschaft nicht mehr funktioneren, weil Steuern überwiegend am Verbrauchsort anfallen.

Dass neben der Konsumsteuer weitere Steuern nötig sind, um ein BGE zu finanzieren, ist eher unrealistisch, wenn zum Beispiel in Deutschland die Wertschöpfung über 3 Billionen Euro beträgt und ein BGE mit unter einer Billionen Euro zu veranschlagen wäre.

Dass die Konsumsteuer den Vorteil hat, produktgruppenspezifisch die Prozentsätze festzulegen, das sollte unbedingt genutzt werden. Sicher gibt es Bereiche, die heute von der Abschöpfung zugunsten der Allgemeinheit ausgenommen sind, zum Beispiel Grund-und-Boden. Hier gilt es anzusetzen und die Gesetze stärker für die Allgemeinheit zu gestalten. – Aber als Regel muss gelten, die Güter der Existenzsicherung so gering wie möglich zu besteuern.


Bullshit Jobs, David Graeber


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