Wie Grundeinkommen-Gegner argumentieren

Datum: 2019-12-26 14:04
Tags: Grundeinkommen, Arbeit, Selbstversorger, Fremdversorgung, Bedürfnisse, Egoismus

Zum Beispiel wird unterstellt, die Grundeinkommen-Befürworter wären Egoisten. – Es wird behauptet, wenn der Grundeinkommen-Befürworter nicht für andere verpflichtet sein will, zu arbeiten, dann sei er Egoist.

Das heißt, man verdreht die Situation, die der Grundeinkommen-Befürworter verändern will. Der Grundeinkommen-Befürworter sagt, ich will selbstbestimmt arbeiten, mir meine Arbeit selbst auswählen. Ich will nicht gezwungen sein, für andere als Arbeitssklave zu wirken. - Deshalb lehne ich Hartz4 ab und den staatlich verordneten Arbeitszwang.

Diese Haltung wird nun vom Grundeinkommen-Gegner umgedreht. – Er behauptet nun über den Grundeinkommen-Befürworter, dieser wolle nach Lust und Laune arbeiten und sich nur selbst verwirklichen. Und dies sei egoistisch, weil er in dem Moment nicht die Bedürfnisse der anderen Menschen im Blick hätte und für diese nicht arbeiten will.

Als Grundlage für dieses Argument, wird die Selbstversorgergesellschaft der Fremdversorgung gegenübergestellt und behauptet, der Grundeinkommen-Befürworter sei in seinem Denken noch Selbstversorger, indem er selbst bestimmen will, was und wie viel er arbeitet. Und indem er selbst bestimmen will, was und wie viel er arbeitet, sei er egoistisch und würde dabei die Bedürfnisse der anderen nicht bedienen und für sie arbeiten.

Der Irrtum bei einer solchen Argumentation besteht darin, das Grundeinkommen mit Egoismus gleichzusetzen. Denn wer für sich seine Existenzsicherung will, ist nicht egoistisch, sondern folgt instinktiv dem Selbsterhaltungstrieb. – Es ist nun einmal so, dass wir Menschen jeden Tag Nahrung brauchen und die anderen Dinge, die uns am Leben erhalten und unseren Körper schützen und pflegen. An dieser Orientierung ist rein gar nichts egoistisch und sie ist deshalb auch nicht kritisierbar.

Arbeiten für die Bedürfnisse der anderen?

Die Sicht auf Arbeit ist bei den Grundeinkommen-Gegnern schon seltsam. – Warum sollten wir als Einzelmenschen verpflichtet sein, jeden Unfug, den andere als Bedarf und Bedürfnis anmelden, arbeiten zu müssen? Dazu gibt es keinen Grund. Alles, was wir arbeiten, kann nur freiwillig geschehen. - Solidarität und ein Füreinander-Leisten, ist demnach ebenfalls ein freiwilliger Akt und kann nie durch Zwang erzeugt werden.

Selbstversorgung und Fremdversorgung haben nicht den Egoismus als Gegensatz, sondern eine erweiterte Wahrnehmung, bei der man sich selbst nicht mehr allein anschaut, mit seinen Bedürfnissen, sondern erkennt, dass man selbst, wie alle anderen, gleichermaßen einen Bedarf nach Existenzsicherung hat.

Diesen anderen Blick auf die Sachlage, kann man einen volkswirtschaftlichen Blick nennen. - Wer erkennt, dass alle versorgt sein müssen, der sieht sich selbst in diesen „allen“ eingereiht und ist damit mitversorgt, wenn er sich um die Versorgung aller kümmert.- Es gibt somit nicht den Gegensatz Ich und die-anderen, in der Grundeinkommen-Betrachtung, sondern nur die Erkenntnis Existenzsicherung-allein oder Existenzsicherung-als-Teil-der-Grundversorgung-aller.

Und durch Arbeitsteilung geht die Arbeit leichter von der Hand und wird dadurch produktiver, wenn mehr Güter und Leistungen herstellbar sind, bei weniger Arbeitseinsatz. Beides zusammen aber, die Berücksichtigung der Rationalisierung und der volkswirtschaftliche Blick, sind typisch für die Grundeinkommen-Befürworter und ihre Argumente.

Was der Grundeinkommen-Gegner will, ist, dem Grundeinkommen-Befürworter die Egoistenrolle zuzuschieben. Dies wirkt albern, für jeden, der sich die Fakten anschaut. - Das ist so, also ob man dem Sklaven, der sein Recht will, frei zu sein, selbst zu bestimmen, was er im Leben tut und arbeitet, sagt: Du willst frei, also egoistisch sein und nicht mehr für die Bedürfnisse der anderen arbeiten wollen? Wie antisozial ist das denn!

Die Grundeinkommen-Gegner versuchen den Freiheitsimpuls, der im Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) steckt, als egoistisches Ansinnen zu diskreditieren. Selbstverwirklichung, seelische und körperliche Gesundheit, mehr freie Zeiteinteilung und Selbstmanagement, sollen als „Profit“ denunziert werden.

Wer aber sich selbst und die eigene Person schützt, beutet niemanden anderen aus.

Grundeinkommen-Gegner sehen den Grundeinkommen-Befürworter als Wirtschaftsschädling, der mit seinen Freiheitsimpulsen das geordnete Funktionieren der Wirtschaft beeinträchtigt, wenn er sich nicht klaglos in das Getriebe der Megamaschine einfügen lässt. - Sie meinen, die Individualität und Subjektivität der Menschen, hätte in der Wirtschaft nichts verloren und solle gefälligst in der Freizeit ausgelebt werden.

Dabei ist es genau umgekehrt. Die Wirtschaft hat sich nicht in das Privatleben der Menschen einzumischen, etwa, indem sie „Arbeitslose“ gemeinsam mit dem Staat, zur Arbeit zwingen will. Die Mitwirkung von Privatpersonen in den Arbeitsprozessen, darf niemals von Staat und Wirtschaft erzwungen werden. - Und falls es doch so ist, haben wir den Arbeitszwang (Hartz4 in Deutschland).

Dem Menschen angemessen, ist die Situation nur, wenn der Einzelne in Freiheit entscheidet, was und wie viel er für andere arbeitet. - Das heißt, die Wirtschaft muss sich der Individualität des Einzelnen unterordnen und mit dem zufrieden sein, was der Einzelne aus freien Stücken einbringen will.

Sich ausdrücklich für die Sicherung der eigenen Existenz zu engagieren, ist nicht egoistisch, sondern eine Selbstverständlichkeit aus dem Selbsterhaltungstrieb heraus. Ob dieser Selbsterhalt in Form eines Selbstversorgers geschieht, oder gemeinschaftlich mit anderen gestaltet wird, ergibt sich aus dem Alltag heraus. Der Obdachlose ist mehr Selbstversorger, der Mitarbeiter in der Lebensmittelbranche, praktiziert mehr das Füreinander-Leisten. - Es entscheidet das Individuum, wie es in der aktuellen Lage vorgeht.

Muss sich der Einzelne von anderen benutzen lassen und an sie verkaufen?

Die Bedürfnisse der anderen zu befriedigen, ist kein Automatismus, dem sich der Bürger zu fügen hat. - Nicht das, was andere wollen, ist Maßstab für die eigene Lebensgestaltung, sondern das, was wir in Freiheit, bei Beachtung unserer eigenen Würde und Integrität selbst auswählen und anpacken wollen.

Eine Selbstversorgung-Orientierung ist nicht automatisch mit Egoismus gleichzusetzen, genauso, wie nicht jedes Bedürfnis der anderen, einen zum Aufspringen und bedienen nötigt. - Selbstversorgung im Sinne der Existenzsicherung ist berechtigt. Fremdversorgung kann von uns Menschen als effizientere Variante der Existenzsicherung erkannt werden und deshalb wenden wir uns womöglich in Freiheit einer solchen Mitwirkung zu.

Jeglicher Zusammenarbeit, die auf Arbeitszwang als Normalität basiert, ist eine Absage zu erteilen. - Weil äußerlich und innerlich gezwungene Menschen einen inneren Widerstand mit sich herumtragen, und damit bewusst oder unbewusst ihre eigene Arbeit sabotieren und zum Schlechten wenden und damit andere Personen gefährden können.

Vorrang hat der einzelne Mensch vor Staats- und Wirtschaftsinteressen. – Wird dies aber anders organisiert, gerät der Bürger mit seinen Grundrechten unter die Räder der Sachzwänge.

Miteinander reden.

Ein weiteres Thema ist für die Grundeinkommen-Gegner, die fehlende Absprache zwischen den Beteiligten. Wollen die bGE-Befürworter das Grundeinkommen über die Köpfe der Menschen hinweg einführen?

Mit dem Erlassen von Gesetzen, käme die Sozialität unter den Menschen nicht zur Wirkung.- Ohne Zustimmung und Gespräch miteinander, sei ein Bedingungsloses Grundeinkommen gar nicht einführbar.

Nun diese Feststellung gilt für alle Absprachen unter uns Menschen. Und nicht nur speziell für das Bedingungslose Grundeinkommen. Dann hätte auch Hartz4 erst eingeführt gehört, wenn die Menschen das gewollt hätten. Und haben sie das gewollt? Nein, Hartz4 wurde gegen den Willen der Bevölkerung eingeführt und man sieht seit Jahren, welche Schäden das verursacht.

Das Grundeinkommen soll als Menschenrecht in die Welt kommen. Dafür können wir uns einsetzen. Sicherlich ist es notwendig, dass eine Mehrheit sich dazu bekennt. – Aber wir wissen aus der Geschichte, dass sich Mehrheiten für totalitäre, menschenverachtende und diktatorische Gesellschaftsgestaltung aussprechen können. Solche Mehrheiten werden dann nicht der Würde des Menschen gerecht. - Deswegen kann Mehrheit nicht der einzige Orientierungspunkt sein, für das eigene Engagement.

Ein anderer Punkt, der oft von Grundeinkommen-Gegnern angeführt wird, betrifft die Reife der Grundeinkommen-Empfänger. Man wolle das BGE einführen, obwohl die Leute mit dieser Freiheit nicht umgehen können, heißt es. - Die Leute in den Gesellschaften seien noch nicht reif dafür.

Die Arroganz und Überheblichkeit, die in dieser Einschätzung zum Tragen kommt, ist frappant. Woher wissen die BGE-Gegner, wer reif für dieses Konzept ist und wer nicht? Wer heute seinen Arbeitsplatz verliert, aufgrund von Rationalisierung, Geschäftsaufgabe, etc, würde es sich verbitten, als nicht reif für eine menschenwürdige Einkommenssituation eingeschätzt zu werden.


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